Redakteurin, Pressesprecherin, Autorin: Auf ungeradem Weg zum Glück

Es gibt Menschen, die schnurgerade durch ihr Berufsleben marschieren. In der Kommunikation ist das deutlich seltener der Fall. Ein Grund ist sicherlich, dass es für einen Job in Marketing oder PR nicht den einen Weg gibt.

Wir haben mit Kerstin Dämon gesprochen. Die studierte Journalistin hat ihre Karriere in der Redaktion der Wirtschaftswoche gestartet. Von da ging es abwechslungsreich weiter. Mit ihr sprachen wir über Glück im Job, wie man Ziele im Auge behält und eine gute Kommunikatorin wird – und welchen Einfluss Kommunikation auf die Gesellschaft hat.

Bild: Kerstin Dämon

Frau Dämon, fangen wir am Anfang an: Wie sah Ihr Berufseinstieg in die Kommunikation aus?

Eigentlich wollte ich ja Prinzessin werden, aber mein Vater hat mir das etwas madig gemacht. Dann gab es noch eine kurze Phase, in der ich dachte, Tierärztin wär’s! Ich habe aber herausgefunden, dass Tierärzt:innen leider auch Tiere einschläfern und habe die Idee schnell verworfen. Schlussendlich fiel die Wahl auf den Journalismus. Ich wollte unbedingt zum Stern, denn der wurde bei uns Zuhause gelesen. Fand ich gut. Außerdem hatte mein Vater ein Buch zuhause mit den Editorials, die Henry Nannen für den Stern geschrieben hat, und damit war klar, dass ich mich an der Henry-Nannen-Schule bewerbe.

Ausbildung in der Journalistenschule und Berufseinstieg als Redakteurin 

Und? 

Ich habe mich mitten im Abi für die Aufnahme an der Henry-Nannen-Schule beworben und bin mit Pauken und Trompeten in allen Tests durchgefallen. Ich war am Boden zerstört, dachte, mein Leben ist vorbei. Einen Plan B hatte ich zunächst nicht. Schließlich habe ich mich an der Kölner Journalistenschule beworben, wurde angenommen und bin nach der Ausbildung bei der Wirtschaftswoche hängengeblieben.

Mittlerweile ist es aber keine Zeitung mehr, für die Sie arbeiten...

Nein, ich habe mich aus verschiedenen Gründen entschieden, bei der WiWo aufzuhören. Allerdings hatte ich wieder keinen Plan B. Ich konnte ja quasi nichts außer Journalismus! Ich bin dann weniger mit dem Gedanken an die Sache rangegangen „Welchen Beruf will ich machen?“, sondern eher mit der Frage „Was will ich tun?“ – und ich wollte gestalten, Neues aufbauen, etwas entwickeln. Damals hat innogy entschieden, die Unternehmenskommunikation in einem JointVenture mit der Agentur C3 komplett neu aufzubauen. Klang für mich super. Genau das wollte ich. Und es hat riesigen Spaß gemacht.

Erste Erfahrungen mit Unternehmenskommunikation und Change-PR 

Was genau hat Ihnen dort so viel Spaß gemacht?

Die Aufbruchsstimmung. Es gab keine definierten Prozesse, kein „Das haben wir schon immer so gemacht!“. Wir konnten alles komplett neu aufbauen und haben mit allen Gewerken Hand in Hand gearbeitet – kannte ich so bisher nicht. Wenn man wollte, dass es auf der Website blinkt und glitzert, hat man das mit Kolleg:innen zusammen entwickelt. Das war großartig!

Als die Ansage kam, dass innogy verkauft und aufgespalten wird, bin ich in die Change-Kommunikation bei innogy selbst gewechselt. Was ich dort innerhalb von drei Jahren gelernt habe, gibt es bei keinem MBA – und bezahlt wurde ich dafür auch noch! Irgendwann zog es mich aber wieder auch hier zu neuen Ufern. Also habe ich in meinem Netzwerk gestreut, dass ich offen für eine neue Herausforderung bin.

Man braucht Neugier. Und Offenheit. Mit einem unbeweglichen Mindset stellt man keine Fragen.

Kerstin Dämon

Jetzt doch Prinzessin? Oder Tierärztin?

Beides nicht. Ich habe nach einer kurzen Station bei einem Softwarehersteller auf einer Veranstaltung von den Ladies in Tech eine sehr spannende Frau kennengelernt, die Führungskraft bei godaddy ist und auch Business Coaching macht. Sie sollte mir helfen rauszufinden, was ich werden will, wenn ich groß bin. Ich hatte meine Themen, die mich interessieren: Ich finde Digitalisierung & Mobilität spannend, privat liebe ich Tiere und Musik, ich kann Change und bin so ein wenig nerdy – aber das ist ja kein Berufsbild. 

Nachdem wir uns ein paar Stunden bei  ihr eingeschlossen hatten, haben wir festgestellt, dass für mich ein stimmiges Gesamtpaket das Wichtigste ist: Ich brauche ein cooles Arbeitsumfeld. Ich brauche einen Job, bei dem Führung so läuft, wie ich mir das vorstelle. Und ich brauche Wertschätzung durch das Unternehmen. Geld ist eher ein Hygienefaktor. Das Produkt oder die Dienstleistung, um das oder die es geht, ist mir weniger wichtig. Zumindest, solange ich damit keine moralischen Schwierigkeiten habe.

PR & Marketing für Banken & Versicherungen

Und haben Sie so eine eierlegende Wollmilchsau gefunden?

Definitiv. Heute mache ich Kommunikation für die Finanzbranche, für Versicherungen und Banken bei der Agentur Rotwild. Unser Fokus ist Verkaufsförderung, also viel interne Mailings, Webinare, Produktbroschüren, etc. Das macht wahnsinnig viel Spaß. Und das nicht, weil ich schon als kleines Mädchen davon geträumt habe, zu erklären, wie man am besten eine fondsgebundene Lebensversicherung verkauft.

Eine inspirierende Reise entlang ihrer persönlichen Leidenschaften und Herzensthemen. Erfrischend kurviger Lebenslauf!

Ich bin in diversen Netzwerken unterwegs und da heißt es immer wieder: „Schau mal, was für ein strategischer Lebenslauf!“ Meiner ist null strategisch – ich habe einfach immer gemacht, worauf ich Lust hatte.

Haben Sie je eine Station bereut im Sinne von „Ja, ich habe was gelernt, aber das hätte ich mir besser erspart?“

Gab es, ein Praktikum in einer Wirtschaftsredaktion. Die Menschen dort waren super, aber ich hatte einfach überhaupt nichts zu tun. Ich bin ein Arbeitstier und arbeite gerne viel und auch schnell. Mit meinen Aufgaben war ich gefühlt in Minuten durch und wusste dann nicht, was ich die restlichen siebeneinhalb Stunden machen sollte. Ich musste immer wieder um Arbeit betteln und war auch nicht genug im Prozess drin, um mir selber Arbeit zu suchen. 

Es fühlte sich ganz schlimm an, so nutzlos zu sein. Dieses Gefühl hätte ich mir gerne erspart. Ich war völlig baff, dass ich am Ende ein herausragendes Zeugnis bekommen habe.

PR-Berater:innen brauchen Neugier und Stressresistenz

Ist das eine Eigenschaft, die eine professionelle Kommunikator:in braucht? Ein Arbeitstier sein?

Ich glaube, ja. Ist man das nicht, wird man in der Kommunikation sicher nicht besonders glücklich. Ein gemütlicher Charakter, der mit Druck nicht umgehen kann und gerne pünktlich geht, wird es in der Branche nicht lange machen. Aber man braucht genauso Neugier. Und Offenheit. Mit einem unbeweglichen Mindset stellt man keine Fragen. Es fehlt am Blick über den Tellerrand. Kommunikation bedeutet, Geschichten zu erzählen. Habe ich nicht begriffen, wie das Produkt oder die Dienstleistung funktioniert, werde ich immer schlechte Geschichten erzählen. Außerdem ist Kreativität wichtig, damit auch das langweiligste Produkt bei der Zielgruppe richtig gut ankommt.

In unserer Branche ist Zuhören wichtiger ist als Sprechen.

Kerstin Dämon

Was noch?

Ich glaube, dass in unserer Branche Zuhören wichtiger ist als Sprechen – wenn man nicht gerade moderieren soll. Nur so bekommt man alle Details mit, hört auch den Subtext und lernt, wie man mit dem Gegenüber umgehen sollte. Es ist wichtig, sauber argumentieren zu können, weil man sonst weder Kund:innen, noch die Zielgruppe überzeugt. Es geht ja letztendlich darum, mit Kommunikation einen Mehrwert zu schaffen und nicht darum, den Menschen irgendeinen Mist aufzuschwatzen, den sie nicht wollen. Wer zugehört hat, weiß dann auch genau, was Kund:in und Zielgruppe brauchen. Die Botschaft muss sein: Wenn du folgende Bedürfnisse oder Probleme hast, dann haben wir eine Lösung für dich. 

Die große Herausforderung ist also, Überzeugungsarbeit zu leisten, dabei aber keine Märchen zu erzählen. Den Verkauf mit falschen Versprechungen anzukurbeln, ist absolut daneben.

Sprache schafft Wirklichkeit. Dinge, die ich nicht benennen kann, existieren für mich nicht. Dinge, die ich bewusst nicht benenne, will ich aktiv ausklammern.

Kerstin Dämon

Gendern & Diversity in der PR

Welche Verantwortung tragen Kommunikator:innen generell? Müssen sie eine Lanze brechen auch für Gendersternchen und Diversität?

Sprache schafft meiner Meinung nach Wirklichkeit. Dinge, die ich nicht benennen kann, existieren für mich nicht. Dinge, die ich bewusst nicht benenne, will ich aktiv ausklammern. Wenn ich also immer von Versicherungsnehmern rede, lasse ich Frauen sprachlich bewusst außen vor. Es gibt keinen Grund, nur die Herren anzusprechen, wenn ich genauso gut von einer Kundschaft reden kann, statt von Kunden. 

Ich persönlich bevorzuge neutrale Formulierungen: Menschen statt Männern und Frauen, Leserschaft statt Leserinnen und Leser. Wieso sollte man in der Kommunikation bewusst Gruppen ausschließen? Dass wir das schon immer so gemacht haben, ist in meinen Augen kein Argument.

Was war der wertvollste Ratschlag, den Sie jemals bekommen haben?

„Keine Panik, wenn Plan A nicht funktioniert! Das Alphabet hat noch 25 weitere Buchstaben. Hör einfach nie auf, Pläne zu machen.“ Das würde ich auch jedem/jeder Berufseinsteiger:in raten. Und wenn es doch mal schiefläuft: Aufstehen, Krönchen richten, weitermachen.

Titelbild: Amy Reed on Unsplash

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