„Man muss hier nicht hinterm Mond leben“: Wie digital ist das (Wend)land? (Teil 2)

Digitale Vernetzung ist ein reines Stadt-Thema? Auf dem Land leben nur Bauern und Traditionalisten? Ist das so? Unsere Kollegin Nicole Dau hat selbst die Stadt verlassen und lebt nun zwischen Feldern und Höfen. Sie hat sich auf die Suche nach einer Antwort gemacht und sprach im zweiten Teil unserer Serie „Wie digital ist das (Wend)land?“ mit Arne Schrader (30), Grafik Designer und „Mädchen für Alles“ in der Medienarbeit.

Arne Schrader bei der Agentur Wendlandleben / Bild: Nicole Dau

Arne Schrader arbeitet halbtags für die Agentur Wendlandleben. Dort kümmert er sich um Rückkehrer und Zugezogene im Landkreis und hilft ihnen mit Informationen zu Jobs, Wohnungen oder auch Freizeitaktivitäten. Vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung kooperiert die Agentur dafür auch mit Unternehmen vor Ort. Im Projekt Landwerkstatt der Süderelbe AG betreut er, genau wie in der Agentur, die PR- und Medienarbeit. Auf selbständiger Basis bietet er Grafik Design an, unter anderem für Hamburger Musiklabel. Arne ist gebürtiger Wendländer und nach Jahren in Städten wie Hamburg wieder in die Heimat zurückgekehrt.

Digitale Vernetzung durchzieht fast alle Bereiche der Gesellschaft

 

Arne Schrader

Was bedeutet für Dich „Digitalisierung“?

Sie durchzieht fast alle Bereiche der Gesellschaft, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Sie organisiert die Arbeitswelt, das Leben und auch die Art und Weise, wie wir mit Menschen interagieren. Seit dem Beginn der Digitalisierung hat sich ihre Präsenz im Alltag exponentiell entwickelt.

Findest Du in den Medien auch hilfreiche Informationen über die Digitalisierung?

Eher am Rande. Das liegt aber auch daran, dass ich Artikel, die sich damit stark beschäftigen, nicht mehr besonders häufig lese. Bis auf ein paar Ausnahmen, die sich die Auswirkungen genauer anschauen, bleibt es ohnehin oft bei oberflächlichen Schlagworten, ohne wirklich konkret zu erklären, wie es beispielsweise die Arbeitswelt beeinflusst.

Wie ist denn hier im Wendland so der Handyempfang?

Das ist unterschiedlich. Es kommt darauf an, wo man ist und welchen Anbieter man hat. Wenn man mitten in der Pampa hockt, hat man mit Glück mal Edge oder so. Ich finde das aber auch sympathisch. Ich muss nicht immer 24/7 erreichbar sein. Wenn man es vorher weiß, kann man sich darauf einstellen und die Zeit einfach auch intensiv für andere Dinge nutzen, wenn man ohne Ablenkung an etwas arbeiten will beispielsweise. So wird man gezwungenermaßen rausgezogen.

Auch im Wendland gibt es Unterricht mit Smartboards und iPad-Klassen

 

Arne Schrader
Im Wendland kann man sich gut niederlassen / Bild: Nicole Dau, Oseon

Würdest Du sagen, dass das Wendland digital ist?

Im Wendland kann man sich gut niederlassen / Bild: Nicole Dau, Oseon

Ich glaube, dass zum Beispiel die Schüler hier im digitalen Bereich denen in der Stadt kaum in etwas nachstehen. Es gibt auch hier schon Unterricht mit Smartboards und iPad-Klassen. In anderen Bereichen ist es vielleicht etwas anders. Wenn man sich mal ein paar Internetseiten ansieht, die hier so aus dem Landkreis kommen, dann sehen die schon oftmals aus wie vor zehn Jahren oder älter. Wir haben hier allerdings auch einige Menschen, die im digitalen Umfeld arbeiten, auch für Kunden in der Stadt. Das geht natürlich nur, wenn sie gutes Internet haben. Viele wissen es dann zu schätzen, wenn sie ihr Landleben mit ihrer digitalen Arbeit verbinden können. In manchen Bereichen ist es aber auch noch gar nicht angekommen. Trotzdem: So schlimm, wie sich Städter es hier mitten auf dem Lande vorstellen, ist es jedenfalls nicht. Man muss hier nicht hinter dem Mond leben, wenn man nicht will.

Genießt Du dieses Gleichgewicht aus Digital und Analog?

Ja, ich finde es super. Ich genieße auch die Ruhe, die Natur und brauche keine permanente Erreichbarkeit. Manchmal nervt es mich, wenn der Stream beim Film ansehen mitten drin stockt und ich erstmal eine rauchen gehen muss, bis es weitergehen kann. Wenn man auf dem Land aufgewachsen ist, kann man das vielleicht aber auch einfach besser aushalten.

Mehr digitale Unternehmen für’s Wendland

 

Arne Schrader

Was braucht das Wendland noch?

Ich komme aus der Kreativbranche, in dem Bereich gibt es hier aber wenig Jobs. Man muss sich in der Regel seine Kunden aus der Stadt mitbringen, sonst ist es nicht ganz so einfach. Es wäre für mich persönlich schön, wenn sich hier mehr Unternehmen niederlassen, die Jobs in dem Bereich anbieten. Ansonsten gibt es im Wendland insgesamt mehr, als man denkt. Auch kulturelle Veranstaltungen, die sind dann einfach etwas „spezieller“ als in der Großstadt. Meistens links alternativ und kein klassischer Mainstream, da es hier viele Stadt-Exil-Künstler, Schriftsteller und andere Kreative gibt, die Veranstaltungen umsetzen. Auch die Anti-Atomkraft-Bewegung trägt zu einem stark politisch geprägten Bild der Veranstaltungen bei. Die Kulturelle Landpartie jedes Jahr um Pfingsten ist ein gutes Beispiel dafür.

Und im digitalen Bereich?

Im Grunde das, was wir mit unserer Wendlandleben-Homepage versuchen. Als ich mich vor einer Weile wieder neu für das Wendland interessiert habe und informieren wollte, was inzwischen hier so geht, gab es jede Menge unübersichtliche Websites. Man wusste nicht so richtig, was die von einem wollen, warum es die gibt und wo man was findet. Manchmal konnte man Infos auch gar nicht finden, weil sie nur in den lokalen Printzeitungen stehen. Mit unserer Website wollen wir die Informationen digitalisieren und kanalisieren. Eine Anlaufstelle schaffen, bei der die wichtigsten Informationen über den Landkreis – vor allem auch für Menschen in meinem Alter – gebündelt sind. Gerade sind wir frisch gelauncht und noch in der Aufbauphase.

Danke, Arne!

Titelbild:Ganapathy Kumar on Unsplash

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