Ein SPIEGEL-Bestseller über den Klimawandel

Christian Serrer und David Nelles, zwei Studenten der Zeppelin Universität, haben neben ihrem Studium einen Spiegel-Bestseller über den Klimawandel geschrieben – und das als Wirtschaftswissenschaftler. Das Buch wurde bisher 250.000-mal verkauft und kostet nur 5€ – so viel wie eine Pizza. Wie dieser Coup den beiden Studenten gelungen ist und wie viel Zeit ein Laie braucht, um sich das dafür nötige Expertenwissen anzueignen, hat uns David Nelles im Interview verraten.

Bild: Christian Serrer & David Nelles (v.l.n.r.)

Wissenschaftskommunikation für Laien

Ihr habt ein Buch über den Klimawandel geschrieben – als Wirtschaftswissenschaftler. Wie seid ihr darauf gekommen?

Kurz gesagt: Weil wir keine Ahnung davon hatten. Wie glaube ich alle Studenten haben wir beim Mittagessen immer über Gott und die Welt diskutiert. Bei einer Diskussion über den Klimawandel haben wir dann gemerkt, wir kennen zwar die üblichen Schlagworte – aber richtig verstanden haben wir das Thema nicht. Christian und ich haben daraufhin beschlossen, uns selbst zu informieren.

Leider haben wir kein Buch gefunden, das den Klimawandel kompakt und einfach erklärt. Da kam uns der Gedanke: Wir schreiben das Buch einfach selbst!

David Nelles

Warum habt ihr euch dafür ausgerechnet das Medium Buch ausgesucht? In der heutigen Zeit gibt es ja viele Kanäle, die man hätte nutzen können!

Wir haben zu Anfang selbst sehr viel im Internet recherchiert. Der Klimawandel ist allerdings medial sehr kontrovers diskutiert. Für uns war es daher schwierig zu entscheiden, welche Informationen jetzt wissenschaftlich fundiert sind und welche nicht. Unsere Inhalte auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen, war uns allerdings sehr wichtig. Das Medium Buch transportiert diese „Seriosität“ aus unserer Perspektive immer noch am besten. 

Wie viele Stunden hat es gekostet, sich als Laie das Wissen anzueignen, um das Buch zu schreiben?

Von der Idee bis zur Veröffentlichung des Buches haben wir eineinhalb Jahre gebraucht oder anders ausgedrückt 9360 Stunden. In diese Stundenangabe fließt allerdings nicht nur die Zeit ein, die wir für die Wissensaneignung benötigten, sondern auch für andere Tätigkeiten wie die notwendige Verlagsgründung unseres eigenen Verlages und das Entwerfen von Grafiken.

Ursprünglich hatten wir gedacht, das Buch ließe sich in einem Sommer schreiben. Dem war aber nicht so. Wir mussten für das Projekt Praktika und Auslandssemester absagen und haben dann für eineinhalb Jahre sechs Tage die Woche fast Vollzeit das Buch geschrieben. Studiert haben wir in der Zeit eher nebenbei.

Kleine Gase – große Wirkung: das Klimawandel-Buch von David Nelles & Christian Serrer / Bild: Lisa Schwegler

Gegen den Klimawandel die Stimme erheben

Für euer Buch habt ihr mit diversen Wissenschaftler:innen kooperiert. Wie habt ihr sie davon überzeugt, euch ernst zu nehmen und mit euch zu Arbeiten?

Einige wenige waren zu Anfang eher skeptisch, warum ausgerechnet zwei BWLer daherkommen und ein Buch über den Klimawandel schreiben wollen. Der Großteil wusste aber, dass es genau so ein Buch braucht und war sofort Feuer und Flamme für das Projekt. Die letzte Skepsis darüber, ob wir als Fachfremde überhaupt in der Lage sind, ein solches Buch zu schreiben, verflog dann spätestens als die ersten Texte fertig waren – denn die fanden alle super!

Euer Buch ist in kurzer Zeit ein Spiegel-Bestseller geworden. Wie hat sich das entwickelt?

Wir haben das Buch 2018 passend zur Weltklimakonferenz veröffentlicht – das war ein super Aufhänger für die Medien, so dass sich die Medienanfragen und Berichterstattung über uns schnell überschlugen. Zudem wurden wir in Fernsehshows eingeladen. Seit 2018 steigt aber auch das allgemeine Interesse am Thema, alleine auch durch Bewegungen wie Fridays for Future. Mittlerweile haben wir 250.000 Exemplare verkauft und sind damit offiziell das meistverkaufte Buch zum Klimawandel in Deutschland.

Es mag zwar banal klingen, aber das Wichtigste ist, dass jeder das Problem verstehen muss. Nur wenn ein Großteil der Bevölkerung versteht, was der Klimawandel ist, was er bewirkt und welche Lösungsalternativen es gibt, fordern die Bürger auch Maßnahmen der Politik ein. 

David Nelles

Was hilft eurer Meinung nach denn am meisten, um den Klimawandel zu bekämpfen?

Es mag zwar banal klingen, aber das Wichtigste ist, dass jeder das Problem verstehen muss. Nur wenn ein Großteil der Bevölkerung versteht, was der Klimawandel ist, was er bewirkt und welche Lösungsalternativen es gibt, fordern die Bürger auch Maßnahmen der Politik ein. Außerdem braucht es starke technologische Veränderungen im Bereich der Mobilität, Agrar-, Gebäude- und Energiewirtschaft. Dazu braucht es die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Nur wenn alle zusammen an einem Strang und in dieselbe Richtung ziehen, wird es funktionieren. Nicht gegeneinander.

Der Klimawandel anhand von Grafiken kinderleicht erklärt / Bild: Christian Serrer und David Nelles

Was waren für euch die interessantesten Erkenntnisse aus dem Buch?

Es gab nicht die eine „Knaller“-Folge, die uns besonders schockiert oder überrascht hätte. Vielmehr hat uns stark beeindruckt, in wie viele Lebensbereiche der Klimawandel eingreift und wie diese miteinander verbunden sind. Im Laufe unserer Recherche hat sich daher ein riesiges, fast schon überwältigendes Mosaik an kleineren und größeren Folgen des Klimawandels gebildet.

Für viele Menschen ist allerdings sicher eindrucksvoll, dass der Klimawandel für sie wirklich sichtbar und spürbar wird. So ist in meiner Heimat unser Fluss, die Mosel, im Sommer gesperrt, weil sich durch die vom Klimawandel ausgelöste Sommerhitze giftige Blaualgen so stark verbreiten, dass es unmöglich wird, dort unbeschadet zu schwimmen.

Der Klimawandel wird für viele Menschen greifbarer. Das ist gut und schlecht gleichzeitig, weil es zeigt, dass er einerseits stark voranschreitet. Andererseits steigt damit auch die Bereitschaft der Bevölkerung, etwas gegen ihn zu tun. Denn erst wenn man ein Problem wirklich sieht, ist man auch bereit, etwas zu unternehmen.

David Nelles

Was folgt auf das Buch? Lässt euch das Thema Klimawandel beruflich noch los?

Derzeit halten wir relativ viele Vorträge zum Thema vor allem auch bei Parteien und Unternehmen. Außerdem planen wir auch einen YouTube-Kanal, arbeiten an Fernsehdokus und einem Kinofilm, der rekonstruiert, wie wir überhaupt in unser heutiges Klimaproblem “reingerutscht” sind. 


Das Buch kann unter https://www.klimawandel-buch.de käuflich erworben werden. 

Titelbild: Mae Mu on Unsplash

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