KI in der Pflege: Revolution oder Risiko?

Die Pflegebranche steht massiv unter Druck. Sinkende Geburtenraten und eine immer weiter alternde Bevölkerung bringen die Pflegebranche zunehmend an ihre Grenzen. Eine Pandemie wie zuletzt Covid demonstriert, was in Krisenzeiten droht: eine kritische Unterversorgung. Diese Entwicklungen zu stoppen, erfordert den eindeutigen Willen von Politik und Gesellschaft. Und selbst, wenn alle an einem Strang ziehen, wird der Weg noch steinig. 

Einen Beitrag zu besseren Arbeits- und Plegebedingungen kann beispielsweise Künstliche Intelligenz (KI) leisten. Die Bandbreite reicht von intelligenten Assistenzsystemen bis hin zu fortschrittlichen Diagnose- und Überwachungs-Tools – an den richtigen Stellen eingesetzt, ergeben sich hier bedeutende Chancen. 

Aber Achtung: In der Pflege geht es in erster Linie um Menschen. Daher ist es wichtig, deren Würde in den Mittelpunkt zu stellen und sie bei jeder Entscheidung über den Einsatz von KI einzubeziehen. Grundsätzlich kann und sollte KI das Personal im Pflegealltag unterstützen und entlasten. 

Auch Pflegeberufe dürfen bei KI nicht zu kurz kommen 

Bislang tut sich das Gesundheitswesen insgesamt schwer mit KI. Das gilt auch für die Pflege. Der Hauptgrund dafür ist zum einen die bereits angespannte Situation der Branche durch Personalmangel und hohe Fluktuations- und Krankheitsraten, wodurch das Pflegepersonal häufig überlastet ist und wenig bis keine Zeit und Ressourcen zur Verfügung stehen, um sich auf eine KI-Technologie einzulassen oder gar den Umgang mit ihr zu erlernen, so ein Bericht von Coursera

Eine weitere Herausforderung ist das fehlende Vertrauen in der Branche. Laut einer Studie der Health Evolution sind 72 Prozent der befragten Führungskräfte im Gesundheitswesen der Meinung, dass mangelndes Vertrauen ein entscheidender Faktor ist, der die Akzeptanz von KI-Lösungen hemmt. Viele Pflegekräfte sind noch sehr skeptisch in Bezug auf die Zuverlässigkeit und die Sicherheit von KI-Systemen, gerade, wenn es um medizinische Entscheidungsprozesse geht. Gut funktionierende Praxisanwendungen könnten helfen, hier Vertrauen aufzubauen – doch die lassen noch auf sich warten. 

Denn angesichts der bereits erwähnten Herausforderungen in der Branche haben neue Technologie häufig eine geringe Priorität. Das erschwert auch die Integration von KI in der Pflege. Laut der gleichen Studie halten 57 Prozent die technischen Herausforderungen hier für ein wesentliches Hindernis. Zudem gibt es erhebliche Bedenken in Sachen Datenschutz, da diese Systeme strenge Sicherheits- und Datenschutzstandards erfüllen müssen. Diese sachgerecht sicherzustellen, verkompliziert den Prozess noch weiter. 

Mögliche Anwendungsbereiche von KI in der Pflege

Dabei bietet KI einige Möglichkeiten, um den Alltag in der Pflegebranche zu erleichtern und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern: 

  1. KI-gestützte Dokumentationssysteme: Durch ein KI-gestütztes Dokumentationssystem kann der Prozess der Pflegedokumentation automatisiert werden. Wiederkehrende zeitaufwändige Aufgaben, wie z.B. Formulare auszufüllen oder Berichten zu erstellen, können Pflegekräfte mit Hilfe von KI deutlich schneller erledigen. Das senkt nicht nur den Zeitaufwand, sondern minimiert auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlern in Dokumentationen.
  2. Intelligente Verwaltungssysteme: Laut Coursera kann KI auch in der Verwaltung dabei helfen, Pflegepläne zu erstellen und kontinuierlich anzupassen. KI-Systeme können dafür die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen analysieren und die Pflegepläne dementsprechend anpassen, was eine personalisiertere Betreuung ermöglicht. Nicht nur die Pflegeeffizienz wird dadurch erhöht, sondern auch die Zufriedenheit der Patient:innen.
  3. Diagnose und Überwachung
    KI-gestützte Telemedizin- und Ferndiagnosen ermöglichen es, Vitaldaten in Echtzeit zu überwachen und Anomalien frühzeitig zu erkennen. Diese prophylaktischen und vorhersehenden Analysen können dabei helfen, gesundheitliche Probleme aktiv anzugehen, bevor diese sich auswachsen und verschlimmern. Durch eine frühzeitige Risikoerkennung unterstützt KI bei der Planung präventiver Maßnahmen. Das kann nicht nur zu einer langfristigen Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patient:innen führen, sondern kostspielige Behandlungen für Patient:innen und Krankenkassen minimieren oder sogar vermeiden.

Die Pflege der Zukunft 

Wir stehen, bedingt durch und getrieben von KI, am Beginn einer gewaltigen Transformation. KI-Systeme bergen das Potenzial, auch in der Pflegebranche für nachhaltige Verbesserungen zu sorgen.  

Jetzt sind erste Schritte zur Integration gefragt. Dazu gehören gezielte Schulungen für Pflegekräfte und Pilotprojekte, die ihnen die Gelegenheit bieten, KI-Systeme im Alltag praxisnah zu testen und kennenzulernen. Auch die Einführung von KI-gestützten Dokumentations- und Verwaltungssystemen kann zu Anfang in weniger kritischen Bereichen ausprobiert werden, um mehr Vertrauen beim Pflegepersonal aufzubauen und den Mehrwert dieser Technologie zu demonstrieren. 

Angesichts der düster gezeichneten Zukunft der Pflegebranche kann KI ein Mittel sein, um zu einer Verbesserung der Lage beizutragen. 

Bildquelle: Julien Tromeur auf Unsplash

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