Warum Kommunikation klare KI-Leitlinien braucht

Ein Leitbild für den KI-Einsatz sichert die Qualität der Kommunikation.

„Hey ChatGPT, stelle mir mal eine Liste mit Büchern für diesen Sommer zusammen!“ Was auf den ersten Blick nach einer naheliegenden Idee klingt, kostete nun einen Journalisten den Job. Die US-Zeitung Chicago Sun-Times veröffentlichte eine Leseliste mit Büchern für den Sommer, die der Journalist zusammengestellt hatte. Oder vielmehr von ChatGPT hat zusammenstellen lassen. Das Problem dabei: Viele der Titel gibt es überhaupt nicht – und der Journalist ignorierte die Sorgfaltspflicht einer kurzen Prüfung. Das beschädigte den Ruf der Redaktionen ebenso wie seinen eigenen.

Dieser Fall zeigt deutlich: Weder Menschen noch Maschinen arbeiten fehlerfrei. Gerade beim Einsatz von KI-Technologien braucht es deshalb systematische Kontrollen. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, solche Qualitätsprüfungen fest in ihre Abläufe zu integrieren und zwar branchenübergreifend. Ein durchdachtes KI-Leitbild bietet dabei die notwendige Orientierung für alle Beteiligten und schafft die Basis für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Technologie.

Grenzen des EU AI Act

Die EU hat nun erstmals gesetzliche Vorgaben für KI-Anwendungen beschlossen. Der AI Act setzt mit Anforderungen an Transparenz, Risikoanalysen und technische Sicherheitsanforderungen einen wichtigen Rahmen für den KI-Einsatz in Europa.

Für die Kommunikationspraxis ist dieser Rahmen allerdings ungenügend. Er deckt Unternehmen ab, die KI entwickeln und betreiben. Angaben dazu, wie Anwender:innen mit den KI-generierten Ergebnissen umgehen können, sollen oder dürfen, fehlen völlig. Durch diese Lücke entstehen zahlreiche Fragen. Für die Kommunikationsbranche sind das zum Beispiel folgende:

  • Wer haftet, wenn eine KI falsche Inhalte erstellt?
  • Wie prüfen Kommunikationsverantwortliche Quellen, kennzeichnen Inhalte und begegnen Desinformation?

Kommunikator:innen müssen täglich entscheiden, ob sie solche Inhalte nutzen – und wenn, diese prüfen und kennzeichnen. Dabei tragen sie die volle Verantwortung für Korrektheit, Wirkung und Vertrauen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hilft ein konkretes Leitbild für das gesamte Kommunikationsteam oder eine Kommunikationsagentur. Das bietet ihnen die nötige Sicherheit, innerhalb dieses Handlungsrahmens zu agieren.

Drei Kontrollmodelle für die Arbeit mit Künstlicher Intelligenz

KI lässt sich nur sicher einsetzen, wenn Zuständigkeiten und Abläufe klar geregelt sind. Drei Modelle haben sich bewährt und halten Kontrolle und Effizienz im Gleichgewicht. Die folgenden Beispiele veranschaulichen ausgewählte Anwendungsmöglichkeiten aus dem breiten Spektrum der KI-Nutzung in der Kommunikation:

  1. KI als Zuarbeiter: Bei strategischen Entscheidungen und sensiblen Aufgaben behalten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren die volle Kontrolle – etwa in der Krisenkommunikation. Die KI sammelt relevante Beiträge und Social-Media-Posts auf Kernaspekte und Tonalität. Auf dieser Basis erstellt das Kommunikationsteam zielgerichtete Botschaften und behält dabei die finale Entscheidung über Inhalte und Timing.
  2. Human-in-the-Loop (HIL): Bei regelmäßigen Kommunikationsaufgaben ergänzen sich Mensch und KI. Die KI übernimmt die Vorauswahl relevanter Informationen, während Fachkräfte die Ergebnisse prüfen, einordnen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten.
  3. Human-on-the-Loop (HOL): Bei Routinetätigkeiten wie dem Fachmedien-Monitoring arbeitet die KI weitgehend selbstständig. Sie erstellt tägliche Übersichten. Das Team überwacht die Ergebnisse und ergänzt strategische Einschätzungen.

Solche Mechanismen schaffen Orientierung im Umgang mit KI. Sie bieten einerseits Kommunikatior:innen klare Leitplanken in Sachen Verantwortung und zeigen andererseits auf, wo KI ohne Bauchschmerzen effizientere Prozesse ermöglicht. Je stärker Unternehmen ihre Abläufe entsprechend automatisieren, desto mehr rücken neben den technischen auch die ethischen Fragen in den Fokus.

Ethische Leitplanken für KI-gestützte Kommunikation

KI kann ein echter Blender sein und im Ton fester Überzeugung völligen Unfug produzieren.  Daneben gilt es, weitere Herausforderungen wie den Datenschutz, Voreingenommenheit der KI-Modelle und die interne Verantwortlichkeit bei Fehlern zu berücksichtigen Ein KI-Leitbild muss deshalb vier eng verknüpfte Dimensionen abdecken:

  1. Transparenz: Die Basis bildet Transparenz. Der Fall der Chicago Sun-Times zeigt, wie schnell Vertrauen bei ungeprüft veröffentlichten Falschinformationen schwindet. Gerade bei persönlichen Botschaften – etwa CEO-Statements oder Krisenreaktionen – sollten Empfänger:innen klar erkennen, ob ein Mensch oder eine Maschine den Text verfasst hat. Eine eindeutige Kennzeichnung ist entscheidend.
  2. Verantwortung: Eng damit verbunden ist die Verantwortung. Bei fehlerhaften Unternehmenszahlen oder versehentlich preisgegebenen vertraulichen Informationen müssen Zuständigkeiten klar geregelt sein. Jeder KI-gestützte Kommunikationsprozess braucht daher festgelegte Freigabeschritte und verantwortliche Personen.
  3. Fairness: Das Thema Fairness ergänzt diese Anforderungen. KI übernimmt Sprachmuster aus Trainingsdaten – häufig auch Stereotype, Rollenklischees oder kulturelle Verzerrungen. Kommunikationsteams müssen die Inhalte sorgfältig prüfen und sicherstellen, dass sie frei von solchen Problemen sind, bevor sie diese weiterverwenden.
  4. Datenschutz: Der Datenschutz bildet die vierte Säule. Kommunikationsabteilungen arbeiten mit sensiblen Daten wie Mitarbeiterinformationen oder Geschäftsgeheimnissen. Das Leitbild legt fest, welche Daten in KI-Systemen verarbeiten dürfen – und wo klare Grenzen verlaufen.

KI-Leitbild: Von der Theorie in die Praxis

Ein KI-Leitbild wirkt nur, wenn Kommunikationsteams es aktiv in ihren Alltag einbinden. Damit das gelingt, braucht es feste Strukturen und kontinuierliche Pflege. Dazu gehören:

  • eine schriftlich dokumentierte Fassung mit Datum und Versionsstand,
  • klar geregelte Zuständigkeiten und Geltungsbereiche,
  • regelmäßige Aktualisierung (mindestens jährlich)
  • und die Integration in Onboarding-Prozesse.

Kontinuierliche Weiterbildungen befähigen Mitarbeitende zusätzlich, das Potenzial der KI verantwortungsvoll zu nutzen. So wird aus dem Leitbild ein verlässlicher Kompass – und aus Ethik gelebte Praxis.

Vertrauenswürdige Kommunikation im KI-Zeitalter

Ein Leitbild für den KI-Einsatz sichert die Qualität der Kommunikation: Es schafft Verlässlichkeit im Umgang mit der Technologie, macht Prozesse nachvollziehbar und stärkt die Glaubwürdigkeit im Unternehmen wie in der Öffentlichkeit.

Botschaften und Informationen verbreiten sich heute in Sekunden – ihre Herkunft bleibt allerdings oft unklar. Umso wichtiger ist es, dass Kommunikation einordnet, Haltung zeigt und Vertrauen schafft. Damit festigen Unternehmen ihre Position als verlässliche Stimme im digitalen Raum und verschaffen sich einen echten Wettbewerbsvorteil.

Bildquelle: Ian Ward auf Unsplash

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