Warum Employer Branding so wichtig ist und wie es gelingt
Angesichts des sich zuspitzenden demografischen Wandels werden effektive Recruitingstrategien und zielgruppengerechtes Employer Branding wichtiger denn je. Wollen Unternehmen sicherstellen, dass ihnen die wertvollste aller Ressourcen – nämlich die Mitarbeitenden – nicht ausgeht, müssen sie in ihren Auftritt als Arbeitgeber investieren.
Das Recruiting orientiert sich dabei zunehmend am Vertrieb: Arbeitgeber müssen sich heute im Arbeitnehmermarkt optimal verkaufen, ihre USP herausstellen, Vertrauen aufbauen und eine Arbeitgebermarke mit Wiedererkennungswert entwickeln. Neben entsprechenden Recruitingstrategien und Maßnahmen zur Mitarbeitendenbindung unterstützt auch klug durchdachte Kommunikation den Kampf der Unternehmen um Talente. Also auf zum Schaulaufen!
Fachkräftemangel: Geburtenstarke Jahrgänge erreichen das Rentenalter
Das Statistische Bundesamt zählte 2023 rund 46 Millionen Erwerbstätige in Deutschland. Die Erwerbstätigenquote ist mit knapp 77 Prozent auf dem Höchststand seit der Wiedervereinigung, was auch an der hohen Zahl an berufstätigen Frauen in Teil- oder Vollzeit liegt – wenngleich hier noch deutlich Luft nach oben ist (Stichwort Rentenlücke, aber das ist ein anderes Thema).
Bis 2036 werden jedoch rund 13 Millionen Erwerbstätige das Rentenalter überschritten haben – das ist mehr als ein Viertel der aktuell Berufstätigen. Die nachfolgenden, geburtenschwächeren Generationen können diesen Verlust nicht ausgleichen und die Migrationspolitik nimmt nicht rasch genug Fahrt auf. Gelingt es uns nicht, Zuwanderung als Chance für den Arbeitsmarkt zu nutzen, werden wir bis 2060 ein Drittel unserer Erwerbstätigen verloren haben. Das sind bis zu 16 Millionen Kräfte, die dann fehlen werden. Dabei belastet der Fachkräftemangel schon heute viele Branchen. Besonders der MINT-Bereich ist betroffen, also die naturwissenschaftlich-mathematisch-technischen Berufe, sowie das Gesundheitswesen. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz haben heute bereits 352 von 801 Berufsgattungen Fachkräfteengpässe. Manche sprechen jüngst schon nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern einem allgemeinen Arbeitskräftemangel – unabhängig vom Qualifikationslevel.
Was Unternehmen jetzt gegen den Fachkräftemangel tun können
Wie können wir also dem demographischen Wandel und dem damit verbundenen Fachkräftemangel begegnen? Und wessen Steuern sollen perspektivisch die Renten für die bevölkerungsstarke Schicht an Senioren sicherstellen? Das Zauberwort scheint derzeit Migrationspolitik. Leider hängt beim Thema Migrationspolitik doch eben viel genau daran: an der Politik. Bundesregierung und Länder müssen die Rahmenbedingungen für ein modernes Einwanderungsrecht schaffen. Als Arbeitgeberland für qualifizierte ausländische Fachkräfte attraktiv zu sein, ist noch mal eine ganz andere Aufgabe. Neben den Hürden einer schwer zu erlernenden Sprache spielen hier vor allem eine ehrlich gemeinte Willkommenskultur und ein breites Ja! zu mehr Diversität eine große Rolle.
Nur leider haben die meisten Unternehmen nicht die Zeit, diese Migrationswende abzuwarten. Sie auch nicht? Das können und sollten Sie daher schon jetzt tun:
1. Kreis der potenziellen Bewerbenden erweitern
Es ist längst kein Gesetz mehr, dass Arbeitskräfte zwangsläufig an oder in der Nähe ihrer Arbeitsstätte wohnen müssen. Sicher, im produzierenden Gewerbe, im Handel oder kundennahen Dienstleistungen braucht es Menschen vor Ort. Am Geschäftssitz. In der Fabrik. Aber für rund 55% der Beschäftigten, die hauptsächlich im Büro arbeiten, sieht es anders aus. Wer sie locken will, kann die Fühler weiter ausstrecken und Dank der Digitalisierung vieler Geschäfts- und Arbeitsprozesse den geografischen Recruitingradius ausweiten. Zudem gibt es erhebliche Ausbau- und Fördermöglichkeiten, um eine Erwerbstätigkeit für Frauen attraktiver zu machen. Also:
- Nutzen Sie die Digitalisierung, um die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens auszubauen und überregional zu rekrutieren.
- Bieten Sie Teilzeittätigkeiten und Job-Sharing-Optionen an, um gezielt Frauen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen anzusprechen.
- Loten Sie aus, inwieweit auch ein Quereinstieg in Ihren Betrieb möglich sein könnte und
- setzen Sie die dazu notwendigen Schulungsangebote auf, um auch branchenfremde Bewerbungen zu erhalten.
2. Employer Branding: Die eigene Arbeitgebermarke stärken
Machen Sie das Thema Employer Branding zur Chef:innensache und denken Sie es disziplinübergreifend. Personalverantwortliche, Führungskräfte und Kommunikationsteams sollten idealerweise zusammenarbeiten, um Ihre Arbeitgebermarke zu definieren und zu stärken. Eine Reihe von Quick Wins können Sie landen, wenn Sie sich gemeinsam diesen Punkten widmen:
2.1 Steigern Sie die Mitarbeitendenzufriedenheit und somit die Verweildauer im Unternehmen durch
- klar definierte Karriereperspektiven für alle Mitarbeitenden, damit persönliche Entwicklung in Ihrem Unternehmen möglich ist und niemand aus Perspektivlosigkeit oder Langeweile abwandert
- dazu passende, individuelle Weiterbildungsangebote
- erhöhte Wertschätzung der Mitarbeitenden durch ideelle und materielle Anerkennung (Lob, faires Gehalt, Benefits, u.ä.)
- die Möglichkeit zu Teilzeitoptionen, etwa zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf – auch für Väter! - sowie im Rahmen von Altersteilzeit
- erhöhte Identifikationsmöglichkeiten mit Ihrem Unternehmen, etwa durch eine starke Wertekultur oder Teambuilding-Maßnahmen
2.2 Passen Sie Ihre Recruitingmaßnahmen an die veränderten Anforderungen der jungen Generationen an
indem Sie zum Beispiel
- Ihre Stellenzeigen in Sachen Transparenz, Sprache, Erkennbarkeit Ihrer USP verbessern
- Ihre Webseite, speziell Ihre Karriereseite, hinsichtlich SEO-Performance optimieren
- Ihre Bewerbungsprozesse optimieren
- neue Recruitingkanäle testen, z.B. Social Media
2.3 Schaffen Sie durch gute Kommunikation mehr Sichtbarkeit für sich als Arbeitgeber
in dem Sie etwa
- Botschaften und Alleinstellungsmerkmale deutlich nach außen tragen
- in der richtigen Sprache auf den richtigen Kanälen Präsenz zeigen
- Thought Leadership zu bestimmten Branchen- oder Arbeitsmarkthemen betreiben
- Corporate Influencer als Markenbotschafter nutzen
Glaubwürdiges Employer Branding beginnt mit Insights und lebt vom Dialog
Starten Sie nicht Hals über Kopf. Wie bei jeder guten Kommunikationsmaßnahme sollten Sie auch im Employer Branding damit beginnen, Ihre Zielgruppe wirklich zu verstehen – also bestehende und künftige Mitarbeitende. Was bewegt sie? Was missfällt ihnen? Welche Ideen bringen sie ein? Gehen Sie Schritt für Schritt vor und machen Sie sich ein Bild davon, was sich Arbeitnehmende wirklich wünschen und wie sie Sie tatsächlich sehen. Aus den so gewonnenen Einblicken lassen sich alle Maßnahmen ableiten, die Ihre Arbeitgebermarke schärfen, nach außen tragen und das Mitarbeitenden- und Bewerbererlebnis mit Ihrem Unternehmen zum Erfolg werden lassen.
Schritt 1: Status Quo erheben & Employer-Bild schärfen
In einer ersten Phase erheben Sie im Austausch mit Ihren Personalverantwortlichen und Mitarbeitenden den Status Quo und definieren das gewünschte Bild und den anvisierten Auftritt Ihrer Arbeitgebermarke.
- Bestandsaufnahme: Befragen Sie Geschäftsführung und HR-Verantwortliche nach ihrem Personalbedarf und bestehenden Herausforderungen. Welche Maßnahmen werden bereits durchgeführt? Welche davon funktionieren gut, welche nicht? Wie sind Recruiting- und Onboarding-Prozesse definiert? Wie steht es um Weiterbildungsangebote, Karriereförderung und Teambuilding? Welche Kultur wird gelebt? Welche Kommunikationskanäle werden gepflegt?
- Mitarbeiterbefragung: In einer Befragung Ihrer gesamten Belegschaft gleichen Sie die Selbstwahrnehmung von Geschäftsführung und HR mit der Realität ab und erhalten Einblicke in Sachen Mitarbeitendenzufriedenheit und -wünsche, Identifikationsgrad, Motivation und Mediennutzung.
- Planung: Gemeinsam mit ausgewählten Verantwortlichen und Vertreter:innen Ihrer Belegschaft definieren Sie die Grundlagen Ihres Employer Brandings – zum Beispiel in einem Workshop auf Basis der erworbenen Erkenntnisse. Die wichtigsten Aspekte umfassen dabei unter anderem:
- Ihre Unternehmenswerte und USP als Arbeitgeber
- wichtige Zukunftsthemen Ihrer Branche, über die Sie sprechen sollten
- HR-Themen, die Sie besetzen können
- attraktive Beschreibungen der Aufgabenfelder und Karriereperspektiven in Ihrem Unternehmen
- interne Prozessoptimierungsbedarfe, z.B. im Recruiting oder der Personalbetreuung
- Kommunikationskanäle für die interne und externe Kommunikation
- die Rolle des Führungsteams & des HR-Teams
- die Einbindung von Corporate Ambassadors
Schritt 2: Plattformen schaffen & Infrastruktur aufsetzen
Überarbeiten Sie nun bestehende Prozesse, Plattformen und Kanäle – und ergänzen Sie, was fehlt. Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden und schaffen Sie die Basis für fortlaufendes Employer Branding. Blicken Sie dabei konkret auf
- die Überarbeitung und Optimierung der Karriereseite/Webseite
- die Verbesserung der Stellenanzeigen & Nutzung von Jobportale
- die Qualitätssicherung ihres Recruitmentprozesses
- die Pflege von Kununu, LinkedIn & Co.
- die Einbeziehung von Medienarbeit und Partnern wie Hochschulen oder Berufsschulen
- Social Media
- Ihre interne Kommunikation
- Job-Messen & Event-Formate
Schritt 3: Fortlaufende Maßnahmen für das Employer Branding
Zu den fortlaufenden Employer Branding-Maßnahmen gehören in der Regel
- eine sorgfältig geplante LinkedIn-Redaktion
- Medienarbeit und Kooperationen mit Partnern
- Präsenz auf Job-Messen & Umsetzung eigener oder Besuch fremder Event-Formate
- interne Kommunikation über z.B. Intranet, Newsletter oder Meetingformate
- Nutzung eigener Medien wie Broschüren, Imagefilme und dergleichen
Arbeitgeberschönheit kommt von innen
Klingt alles sinnvoll, ist aber viel zu viel Arbeit für Sie und Ihr Team? Die gute Nachricht: Sie müssen nicht alles auf einmal schaffen – und Sie müssen es nicht allein stemmen. Holen Sie sich externe Hilfe, die Sie dabei unterstützt, Ihre Employer Branding Maßnahmen zu planen und zu strukturieren und, bei Bedarf, einzelne Maßnahmen in der Umsetzung abnehmen kann.
Gutes Employer Branding fällt nicht vom Himmel. Es ist ein Prozess, der mit dem Willen der Geschäftsführungsebene anfängt, Arbeitskraft und Talent als die vielleicht wichtigsten Ressourcen zu betrachten. Darauf aufbauend muss eine Arbeitgebermarke entwickelt werden, die authentisch ist und aktiv im Unternehmen gelebt – und somit als wahr belegt – wird. Ist dieser Schritt getan, wissen Sie als Unternehmen, wer Sie für Ihr Team sind und was Sie attraktiv macht. Damit haben Sie eine tragfähige Grundlage, auf der Sie die passenden Maßnahmen aufsetzen können.
Bild: Siddhant Kumar auf Unsplash