Autarkia – Mit Herzblut in die Nachhaltigkeit

Die Autarkia Green World Tour ist in vollem Gange. Nicole hat sich auf der Messereihe für nachhaltige Unternehmen und Ideen in Hamburg umgesehen. Vom Tiny House auf Rädern über E-Mobility bis hin zu Ideen rund um den Kompost – die Branche wächst und gedeiht in alle Richtungen. Nachhaltigkeit boomt. Was wir lernen können? Es gibt sie noch, die Unternehmen mit einer wahren Leidenschaft für das, was sie tun.

Zurück an der Universität. Es ist schon lange her, dass ich das letzte Mal bei einer Veranstaltung in der Bildungsstätte war. Heute schreibe ich aber keine Klausur und höre mir keine Vorlesung an. Ich besuche die Autarkia Green World Tour an der Universität Hamburg. Beim Betreten des Campus sehe ich schon farbenfrohe Aufsteller, Stände und – ganz prägnant – das Tiny House der österreichischen Firma Wohnwagon. Das schlauchige Holzhäuschen auf Rädern spiegelt sich in der angrenzenden Brunnenanlage. Sieht schon mal nicht schlecht aus. Was ein Tiny House auf der Messe macht? Natürlich zeigen, wie denn so ein nachhaltiger Lifestyle aussehen kann. Reduziert auf kleinem Wohnraum, mit nachhaltigen Baumaterialien wie Schafwolle als Dämmung, Solarpanels, wasserführendem Ofen und einem Gründach für die Wasseraufbereitung. Ein ziemlich umfassendes Konzept, das zeigt, was heute bereits möglich ist.

Wohnwagon auf der Autarkia Green World Tour in Hamburg / Bild: Nicole Dau

Tiny Houses, Elektroroller und Schlafen auf dem Bauernhof – Nachhaltigkeit in all ihren Facetten

Bei Wohnwagon hört es aber nicht auf. Daneben sehe ich einen Stand für elektrische Skateboards von Mellowboards, Lastenräder und Roller von Kumpan Electric und Autos von Tesla. Der Stand von Landvergnügen stellt einen Katalog vor, in dem rund 3.000 Höfe in Deutschland gelistet sind. Auf ihnen können die Landvergnügen-Teilnehmer mit dem Bulli oder Wohnmobil übernachten. Kein überfüllter Campingplatz mehr, kein Wildcampen, keine Angst davor, dass am nächsten Morgen ein erzürnter Bürger an die Scheibe hämmert. Die Höfe können ihren Käse, Wein, ihr Obst oder was sie sonst so produzieren an die Camper verkaufen und alle gewinnen. Auch das ist Nachhaltigkeit. Gemeinsam regionale Bauern und Produktion unterstützen und Deutschland als Naherholungsgebiet attraktiv gestalten.

Testfahrten mit E-Autos auf der Autarkia GWT Hamburg - aber es gibt noch viel mehr zu sehen / Foto: Nicole Dau

GreenTech - mehr als E-Autos

Und all diese Stände sind erst der Anfang. Dahinter steht ein großes Zelt in dem sich die meisten Aussteller tummeln. Die Green World Tour schafft es auf relativ kleinem Raum das Konzept der Nachhaltigkeit von allen Seiten zu beleuchten. Auf der einen Seite gibt es viele Produkte, sei es Kleidung, Getränke, Kosmetik oder die Wurmkiste als Komposthaufen für die Wohnung, auf der anderen Seite sehe ich Initiativen für ein bewussteres Miteinander – unter Menschen und mit der Natur. Das PEFC-Siegel will die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder sichern. Die zwei jungen Frauen am Stand von Waldmenschen kümmern sich um eine gesunde Aufforstung von Wäldern. Wer Genossenschaftsanteile erwirbt, wird an der Rendite beteiligt. Gewinn durch den Schutz der Natur. Auch der Energiemarkt wird weiter auf den Kopf gestellt. Das wiederbelebte Unternehmen Prokon, inzwischen auch genossenschaftlich organisiert, bezieht Energie aus den eigenen Windkraftanlagen und bald auch Solarpanels. Mitglieder können sicher sein, nur Strom aus erneuerbaren Quellen zu erhalten. Solidpowergeht noch einen Schritt weiter und will Privathaushalten auch ermöglichen effizienter eigenen Strom zu erzeugen. Mit ihrem Mikrokraftwerk auf der Basis von Brennstoffzellen sollen Gewerbetreibende und auch Endkonsumenten ihren CO2-Fußabdruck verringern können.

PR in der Welt der Green Economy

Neben den Ausstellern kann sich jeder Besucher in den Expertenvorträgen noch genauer über seine Fokusthemen informieren. Politik, Studiengänge, Forschungsergebnisse und Berichte zu Ideen wie Food Sharing, der Gemeinwohl-Ökonomie oder Trashless Society stehen zur Auswahl. Ich stelle derweil schon mal meinen Laptop auf, schließlich gibt es auch von Oseon einen kleinen Vortrag darüber, wie grüne und nachhaltige Unternehmen ihre PR angehen können. Der Vortragsraum im Ausstellerzelt füllt sich. Siehe da, offenbar lockt das Thema doch einige Neugierige, trotz der spannenden Alternativen an diesem Tag. Ich erzähle ein bisschen was über die ersten Schritte, Dos sowie Don’ts und habe noch ein paar Kampagnenbeispiele von unseren Kunden im petto. Dann sind meine 20 Minuten Ruhm vorbei. Ich bleibe mit der Frage zurück: Wie stehen grüne Unternehmen eigentlich zu PR? Und insbesondere: Wie sieht es mit PR-Agenturen aus? Werden wir von den Weltrettern lediglich als Propaganda-Fabriken wahrgenommen oder aber als wichtige Partner für ihren erfolgreichen Weg? Ich wäre ja nicht ich, wenn ich nicht einfach mal zu den Ständen marschieren würde und, ganz untypisch für die heutige Zeit, die Menschen dort von Angesicht zu Angesicht danach frage.

Leidenschaft sticht Erfahrung

Im Grunde genommen erhalte ich unisono die gleiche Antwort von den Ausstellern: PR ist wichtig, aber Externe sind nicht nah genug am Thema dran, um es mit Leidenschaft und Herzblut nach außen zu vertreten. Besonders die kleineren Unternehmen verlassen sich für die Kommunikationsarbeit vollständig auf eine affine Kollegin oder einen Kollegen. Dieser eine Mensch ist dann der Ansprechpartner für alles: Social-Media-Experte, Presseanfragen-Killer, Event-Meister und Interview-König. Das ist ein ziemlicher Berg an Aufgaben und Verantwortung. Jetzt könnte man meinen, dass dadurch das Tagesgeschäft leidet oder die PR-Arbeit einfach nur grottenschlecht ist. Dem ist aber nicht so, denn hier kommt das Herzblut mit ins Spiel. In den Gesprächen sehe ich leuchtende Augen und eine wirkliche Begeisterung für ihre Themen. Die Mitarbeiter dieser Unternehmen machen so viel mehr als nur Dienst nach Vorschrift. Sie engagieren sich, weil sie an den guten Zweck und die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit glauben. Das spiegelt sich dann auch in der PR wieder. Und wenn es dann eben mal ein langer Tag wird oder die Social-Media-Anfragen auch am Wochenende beantwortet werden, na und, das ist es wert.

Einfach mal machen! – Gerne, aber bitte mit Sinn.

Auf der anderen Seite weiß ich aus unserem Agenturalltag, was darüber hinaus noch alles möglich wäre. Ich lasse mir erzählen, dass viele Aktivitäten, wie ein Messe-Besuch oder eine Werbeanzeige, einfach mal gemacht werden. Hier mal ein bisschen was, da mal ein bisschen was. Ob es überhaupt etwas gebracht hat? Unklar. Im Nachgang hat sich da keiner mehr drum gekümmert. Natürlich! Wenn oftmals nur ein Hauptverantwortlicher da ist, wie soll sich dieser um das große Ganze kümmern können? Zusätzlich zu seinem normalen Tagesgeschäft? Das wird schwer. Und es ist schade. Denn besonders die Unternehmen, die ich hier auf der Green World Tour sehe, verdienen eine große Aufmerksamkeit. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Welt ein kleines bisschen zu optimieren. Unsere Welt. Es geht uns alle an, oder? Menschen wie mich, die in einem Upcycling-Tiny-House wohnen, oder wie meine Kollegen, die im Büro keinen Plastikmüll mehr fabrizieren wollen. Ja, jedes Unternehmen ist in seinen Strukturen etwas anders, dafür muss man sich kennenlernen. Genau, wie man seine Freunde ja auch erstmal kennenlernen musste, um sie so zu schätzen, wie man es heute tut. Danach jedoch geht es um Prioritäten und darum, ob man sich gemeinsam für ein Thema begeistern kann.

Kommunikation ist Leidenschaft

Natürlich ist ein Aspekt, der auch immer wieder auftaucht, das Budget. Besonders kleinere Unternehmen tun sich schwer ihr ohnehin nicht unendlich vorhandenes Geld für PR-Zwecke zu investieren. Aber auch die größeren Unternehmen sind nicht immer viel besser unterwegs. Auf der Green World Tour spreche ich mit einer Frau aus dem Vertrieb. Sie hätten eine interne Marketing- und PR-Abteilung. Ich frage sie, ob diese sie denn schon mal kontaktiert hat. Immerhin hat sie ja den direkten Kundenkontakt und kann bestimmt für die Kommunikation interessante Einblicke liefern. Kurze Pause. Was die Abteilung eigentlich genau macht, wüsste sie nicht. Sie hätten sich auch noch nie mir ihr in Verbindung gesetzt. Sie stünde jetzt hier halt mal auf der Messe und schaue, wie es so läuft. Kein interner Austausch, keine Nutzung von intern vorhandenen Ressourcen. Stattdessen sehe ich Schranken in den Unternehmen, die offen sein müssten, um für das eigene Business und die Kunden das Beste herauszuholen. Auch schade.

Eine Agentur ist kein Muss, aber ein Trumpf

Ich sage garantiert nicht, dass ein Unternehmen nur mithilfe einer PR-Agentur eine kreative und erfolgreiche Kommunikation auf die Beine stellen kann. Aber mir scheint doch, dass viele Unternehmen vergessen, wie wichtig eine dritte, objektive Meinung sein kann. Jemanden, der einfach mal mit einem frischen Blick auf festgefahrene Strukturen sieht und diese neu bewertet. Oder jemanden, der einen kreativen Impuls hineinbringt und alte Themen unerwartet in Szene setzt. Auf jeden Fall bedeutet extern nicht automatisch ein fehlendes Herzblut oder mangelnde Leidenschaft. Außerdem bedeutet es auch nicht, dass generell keine ausreichenden Insights in die Themen vorhanden sind. Da würden meine Kolleginnen und Kollegen sowie ich ganz klar wiedersprechen. Mit unserer eigenen Leidenschaft und unseren eigenen Interessen.

Noch eine kleine Überlegung am Ende: Wenn ich Angst habe, externe Menschen sind nicht nah genug am Thema dran, als dass sie mich verstehen könnten, wie erzähle ich dann überhaupt meine Geschichte, damit meine Kunden mich verstehen?

Titelbild: Roger Victorino on Unsplash

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