Daten, Kreativität, Identity – Adtech Trends für 2019

Dezember. Endspurt. Wer hätte das im Mai noch gedacht: Wir haben die Datenschutzgrundverordnung überlebt. Ein paar Federn gelassen, ja, aber wir haben es überstanden. Wir stehen noch. Noch. Die ePrivacy steht ja vor der Tür. Aber auch das werden wir überstehen. Solange der Adtech Markt auch hier zusammenarbeitet. Ich persönlich bin ja ehrlich gesagt fast schon ein Fan der DSGVO, zumindest mancher ihrer Auswirkungen. Transparenz zum Beispiel.

Transparenz – ich sehe was, was du auch siehst

Die Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, hat dazu geführt ein neues Bewusstsein zu schaffen. Beim User. Klar. Dreitausend E-Mails kurz vor dem Stichtag, doch bitte noch schnell das Newsletter-Abo zu bestätigen. Gerne doch. Aber auch bei Unternehmen und bei manchen Dienstleistern wurde der wahllose Umgang und das hemmungslose Sammeln von Daten doch wenigstens einmal kritisch hinterfragt. Wo werden welche Daten wofür eingesetzt? Eine wichtige Frage, die nun endlich auch ihren Weg ins Tagesgeschäft gefunden hat, und im kommenden Jahr sicher öfter auch vom Advertiser gestellt werden wird.

Man sollte denken, das ist längst klar und wichtig. Aber Pustekuchen. Unglaublich, mit welcher Hartnäckigkeit Daten bisher gesammelt wurden und für schlechte Zeiten abgelegt worden sind. Ich glaube, wir werden einen verstärkten Fokus auf die richtigen Datensehen. Das Thema Data-Ownership wird weiter an Gewicht gewinnen. Marken sowie werbungtreibende Unternehmen werden die ihnen gebotene Transparenz – sei es seitens der Agenturen oder auch der Adtech-Anbieter – deutlich mehr hinterfragen.

Generell haben die großen Advertiser längst in interne Kompetenzen investiert. Sie wollen verstehen, was passiert und wie optimiert werden kann, auch wenn die Ausführung meist noch in den Händen der Agenturen liegt. Und hier werden weitere Unternehmen nachziehen. Das wird dazu führen, dass das ein oder andere Reporting dann auch mal kritisch betrachtet wird. Gut so! Dadurch wird das Online Marketing als Ganzes besser werden! Und auch die bevorstehende ePrivacy Verordnung, wie auch immer sie am Ende nun aussehen wird, schlägt in diese Kerbe. Sie wird das Thema Umgang mit Daten und Transparenz der Nutzung weiter in den Vordergrund stellen.

Eine neue Datensensibilität hat auch was Gutes!  / Bild: Jon Tyson auf Unsplash

Identity – wer bin ich, und wenn ja wie viele?

„Wir brauchen ein europäisches Gegengewicht zu den übermächtigen Internet-Riesen aus den USA!“ So hieß es lange. Nun, Chance vertan. Die Markmacht ist gefestigt und die Schotten sind dicht. Egal ob die FANGs (Facebook, Amazon, Netflix, Google) oder andere große Player, die Mauern um die sogenannten Walled Gardens sind längst geschlossen. Daten fließen rein, aber es kommt kaum was raus. Wer mit den Großen spielen will, der muss dies nach deren Spielregeln tun. Punkt. Targeting über Ökosystem-Grenzen hinweg? Schier ein Ding der Unmöglichkeit. Das Open Internet hat mittlerweile seine VIP-Bereiche. Und darunter leidet die Angebotsvielfalt.

Die Lösung liegt im Thema Identity, dem Zusammenschluss unterschiedlichster Player über zentrale Logins. Egal ob Verimi oder etwa NetID, die Idee ist die gleiche. Der User hat auf verschiedensten Plattformen und Shops ein Login beziehungsweise im Hintergrund ein Account, in dem Userdaten zusammenlaufen und so eine Unabhängigkeit vom FANG geschaffen wird. Etwas holprig ging es mit dem Thema zwar 2018 voran, aber 2019 steht uns die Marktreife endlich bevor. Die Herausforderung wird es sein, das Thema dem Verbraucher schmackhaft zu machen und diesen zu überzeugen, dass er davon Vorteile hat.

Kreativität – der Phoenix aus der Asche

In Millisekunden analysiert Adtech unsere Online-Schritte, reichert Daten an und spielt die individuell auf die Situation des Users abgestimmte Werbung aus.... Dasselbe öde Banner, das ich mir bereits achtmal hab anschauen müssen. Na schönen Dank auch, dabei habe ich das Produkt längst gekauft oder schlichtweg kein Interesse daran. Kein Wunder, dass der Internet-User davon genervt ist. Aber das ist oftmals der einfachste Weg für den Werber. Denn was ist die Alternative? Ein paar Hundert unterschiedliche Banner (alle in verschiedenen Größen) vorbereiten, um für jede Situation gerüstet zu sein und tatsächlich in der Lage sein, individuelle, zielführende Werbung auszuliefern. Klingt super, ist aber (zeit-)aufwendig. Es lohnt sich aber, denn der User würde es einem danken!

Die Technologie, dies auch in die Praxis umzusetzen, ist längst da. Prozessautomatisierung, Künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning-Verfahren und wie sie alle heißen, können Creation längst dabei unterstützen, die Werbeödnis wieder zu verlassen. Ich gehe davon aus, dass das neue Datenverständnis auch diese Entwicklung beflügeln wird. So können die Kreativabteilungen im kommenden Jahr den Abstand zu ihren Adtech-Kollegen verringern, sodass beide Bereiche sich gegenseitig wieder mehr befruchten.

Nächster Hype? Nein Danke!

Natürlich werden im Hype-getriebenen Adtech-Markt noch weitere Säue durchs Dorf getrieben. Blockchain (Joa, teilweise.), KI als Allheilbringer (Hä? Ist doch längst da!), das vermeintliche Ende des Cookies (Sicher nicht, Ron Burgundy!), Voice und Visual Search (*räusper*), AR/VR (Im Massenmarkt?) und viele mehr. Sicher, viele davon werden uns im kommenden Jahr hier und dort beschäftigen, aber sie werden die Branche bestimmt nicht prägen. Ich lass mich dennoch gerne überraschen! Aber dann doch lieber ein weiterer Dauerbrenner: Die nachhaltige Ausweitung von Programmatic in andere Kanäle, wie OOH, Radio oder TV. Hier endlich mal marktreife, breitenwirksame Projekte zu sehen, das würde mich freuen.

Titelbild: Karsten Winegeart on Unsplash

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