GreenTech: Bits und Bytes für die Energiewende

Wie lassen sich Wirtschaftswachstum und Umweltschutz in Einklang bringen? Große Hoffnungen liegen auf der GreenTech-Branche. Digitale Technologien treiben den Ausbau erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und sektorübergreifende Zusammenarbeit voran. Damit dies gelingt, müssen sie verständlich kommuniziert werden.

Ehrgeizige Ziele bei der Energiewende

35 Grad zeigt das Thermometer in der Frankfurter Innenstadt Ende Juni. 2017 sieht nach einem sehr heißen Sommer aus – nachdem auch schon 2016 und 2015 weltweit die Temperaturen deutlich über dem langjährigen Mittel lagen. Die Folge sind nicht nur überfüllte Freibäder und Umsatzgewinne für Eisdielen. Schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel und extreme Wetterereignisse bedrohen den Lebensraum von Mensch und Tier. Die Konsequenzen würden auch Deutschland treffen. Diese Erkenntnis sorgt dafür, dass trotz des angekündigten Rückzugs der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen die anderen Teilnehmerstaaten bei ihren Selbstverpflichtungen bleiben.

Für Deutschland bedeutet das: Bis 2020 soll hierzulande der Ausstoß an Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken, der Primärenergieverbrauch um 20 Prozent gegenüber 2008. Ab 2022 sollen keine Atomkraftwerke mehr aktiv sein. Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms aus regenerativen Quellen kommen.

Solarenergie verspricht Wachstum ohne Verschmutzung / Bild: Alexander Shustov auf Unsplash

GreenTech für den Klimaschutz

Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, ruhen die Hoffnungen auf dem technologischen Fortschritt. GreenTech soll negative Umweltauswirkungen unserer Lebens- und Wirtschaftsweise minimieren und erneuerbare Ressourcen nutzbar machen. Gleichzeitig bietet der Kampf gegen den Klimawandel große Chancen für wirtschaftliches Wachstum. Die Märkte für grüne Energie, Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität in Deutschland sollen nach Einschätzung von Roland Berger bis 2025 auf ein Volumen von 3.300 Milliarden Euro anwachsen.

Große Bedeutung kommt dabei der Digitalisierung in der Energiebranche zu. Sie unterstützt den Ausbau regenerativer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und sektorübergreifende Kooperationen. Ein Beispiel für die Anwendung neuer Technologien ist die Umstellung des Stromverbrauchs auf erneuerbarer Energien, die natürlicherweise Schwankungen unterliegen. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, kommen fossil betriebene Grundlastkraftwerke zum Einsatz. Diese sind allerdings träge und lassen sich nicht ohne weiteres abschalten. Die Folge: Bei starkem Sonnenschein und steifer Brise müssen Sonnen- und Windkraftanlagen vom Netz genommen werden, um dieses nicht zu überlasten – oder der grüne Strom wird in Nachbarmärkten verramscht.

Intelligente Netze dank IoT

Eine Möglichkeit, Angebot und Nachfrage zu harmonisieren, liegt in der Nutzung von Smart Grids, also intelligenten Stromnetzen. Sie ermöglichen einerseits die Steuerung des Bedarfs, indem flexible Lasten verschoben werden. Das kann zum Beispiel eine vernetzte Waschmaschine sein, die automatisch angeschaltet wird, wenn der Strom reichlich vorhanden ist. Dadurch vermeidet man die zusätzliche Inbetriebnahme fossile Kraftwerker aufgrund zu hohen Verbrauchs. Voraussetzung dafür ist das Internet der Dinge (IoT): Sensoren an elektrischen Geräten erfassen die Energienutzung. Anbieter nutzen diese Information für die Kapazitätsplanung und steuern den Stromverbrauch so, dass er die zur Verfügung stehenden Menge möglichst nicht übersteigt.

Die Daten, die dabei entstehen, eröffnen im Übrigen ganz neue Geschäftsmodelle, völlig unabhängig vom Thema GreenTech: So könnte die bereits genannte vernetzte Waschmaschine selbständig Waschmittel bestellen oder Wartungen beauftragen. Um Geräte, Nutzer und Service-Anbieter zusammenzubringen, steht mit mozaiq ein IoT-Marktplatz in den Startlöchern. Ein anderes Szenario ist die Übertragung des Peer-to-Peer-Prinzips in die Stromversorgung, wie es etwa die Berliner Strom DAO anvisiert. Nachbarschaftsnetzwerke auf Blockchain-Basis könnten traditionelle Energieversorger ablösen und nicht nur Kosten senken, sondern auch flexibel kleine Anbieter – etwa Hausbesitzer mit einem Solarpanel auf dem Dach – in die Versorgung integrieren.

Die schwankende Verfügbarkeit von Windkraft erfordert intelligente Netze / Bild: Gustavo Quepón auf Unsplash

Elektromobilität: PS aus grünem Strom

Die gute Nachricht: Deutschland ist weltweit einer der Vorreiter beim Ausbau erneuerbarer Energien. Doch Strom macht nur etwa ein Viertel des Primärenergieverbrauchs hierzulande aus. 2016 waren es 600 Terawattstunden (TWh), wovon rund ein Drittel regenerativen Ursprungs ist. Dem stehen 1.200 TWh für Wärme und 650 TWh für Mobilität gegenüber. In diesen Bereichen liegen die Quoten der Erneuerbaren gerade mal bei 13 und 5 Prozent. Vor diesem Hintergrund diskutiert man auch über die Nutzung von Strom für andere Energieverbrauchsformen.

Ein naheliegender Gedanke ist Elektromobilität. E-Autos boomen: Kürzlich berichtete heise, dass weltweit nun mehr als zwei Millionen Elektrofahrzeuge existieren. Davon kamen rund 750.000 im Jahr 2016 hinzu. Die Zukunftstechnologie rollt langsam vom Versuchslabor in die Praxis. E-Autos sind unangefochten das Idealszenario für eine zukunftsfähige Mobilität, denn sie bieten einen sehr hohen Wirkungsgrad der eingesetzten Energie. Dadurch können sie einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten – wenn sichergestellt wird, dass sie mit regenerativ erzeugtem Strom fahren und in ein durchdachtes Mobilitätskonzept eingebettet sind. In Japan laufen zudem Versuche, Elektroautos in das Energiemanagement von Smart Homes zu integrieren und sie auch als Stromspeicher zu nutzen.

Energiewende braucht Technologie, aber auch Kommunikation

Bei allem Bemühen um eine klimaschonende Zukunft darf man aber nicht vergessen, dass es durchaus Widerstand gegen die Energiewende gibt. Manche Menschen kommen mit ihr nur in Berührung, wenn sie in der Zeitung über eine erneute Erhöhung der EEG-Umlage lesen oder eine neue Starkstromtrasse in ihrer Nachbarschaft entstehen soll. Sie fürchten um bezahlbare Energie, Versorgungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Diese Bedenken müssen wir wahr- und ernstnehmen.

Darum betonte der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek auf den Berliner Energietagen, dass die Energiewende nicht von oben aufoktroyiert werden kann, sondern Akzeptant bei den Menschen finden muss. Neue Technologien, auch GreenTech, müssen so vermittelt werden, dass ihr Nutzen klar wird. Dabei geht es keinesfalls nur um Kosten oder langfristige Einsparpotenziale, erklärte Jarzombek an einem Vergleich mit dem iPhone. Dessen Preis reflektiere auch nicht ausschließlich den Nutzwert des Gerätes. Die Botschaft: Werden grüne Produkte emotional aufgeladen, werden sie auch für Verbraucher so interessant, dass sie bereit sind, mehr zu bezahlen und aktiv an der Energiewende mitzumachen.

Natürlich spielt die Wirtschaftlichkeit dennoch eine große Rolle. Besonders Menschen mit geringem Einkommen nutzen häufig ineffiziente Haushaltsgeräte, die teuer im Unterhalt sind, weil sie sich die Anschaffungskosten für sparsame neue Geräte nicht leisten können. Services, die diesen Umstieg unterstützen, tragen nicht nur dazu bei, langfristig die Energieeffizienz im Land zu verbessern. Es macht die Energiewende auch zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt, an dem alle mitwirken und von dem alle profitieren. Neben öffentlicher Förderung kommen dabei auch kommerzielle Angebote in Frage, etwa Mietmodelle für Haushaltsgeräte.

POST TEILEN