Design Thinking in der Kommunikation

Innovationsmethoden wie Design Thinking sind im Trend. Sie sollen helfen, den Nutzer, das scheue Reh, zu verstehen und einzufangen. Ein Ansatz, der in der Produktentwicklung Erfolge gebracht hat und auch Chancen für die Kommunikation bietet.

Innovate or die – dieses Bonmot verdeutlicht den steigenden Druck auf Unternehmen, unentwegt Neues zu schaffen. Neue Technologien, Geschäftsmodelle, Produkte und Services sollen Aufmerksamkeit und Budgets von Nutzern anziehen. Immer mit der Angst im Nacken, dass die Konkurrenz in einem unachtsamen Moment an einem vorbeizieht oder man den nächsten Trend verschläft. Denn Größe und langjähriger Erfolg zählen wenig in Zeiten, in denen „Unicorn“-Startups in wenigen Jahren ganze Branchen umkrempeln und vormalige Platzhirsche in die Bedeutungslosigkeit verbannen.

Prinzipien des Design Thinking: Jede Idee ist willkommen, Scheitern bringt einen voran / Bild: Oseon

Im Wettkampf um die vermeintliche Vorherrschaft im Innovationszirkus wird gern auch rhetorisch dick aufgetragen. Weltneuheiten jagen einander, jede Technologie ist von morgen, löst alle Probleme und kann dazu noch waschen, kochen und putzen. Dass das nicht immer zutrifft, ist die eine Sache. Die andere, dass man auch mit einer solchen Botschaft nicht unbedingt den Nerv der eigenen Zielgruppe trifft. Manche Entscheider suchen einfach nur eine pragmatische Lösung für eine konkrete Aufgabenstellung. In der Entwicklung von Produkten und Services setzt sich mehr und mehr die Einsicht durch, dass es Sinn ergibt, den Nutzer zu fragen, was er möchte. Ansätze wie Design Thinking können aber auch dazu beitragen, die Kommunikation zwischen Unternehmen und ihrem Publikum zu verbessern.

Hört auf den Nutzer. Und habt keine Angst vor dem Scheitern.

Die GfK hat für Konsumgüter eine Floprate von 70 Prozent in den ersten zwei Jahren ermittelt. Dabei wird viel Geld verbrannt. Entsprechend groß sind Bemühungen, frühzeitig zu erkennen, welche Neuerungen sich durchsetzen werden und welche nicht. Ansätze wie Design Thinking versuchen, den Prozess der Produktentwicklung so zu gestalten, dass Flops gar nicht erst entstehen. Dazu soll der Nutzer einbezogen werden. Dieser wird schließlich das Produkt kaufen und hoffentlich daran Freude haben. Entsprechend sollte das Produkt sein Leben einfacher machen und seine Probleme lösen. Das kann eine Zahnbürste sein, die besonders gut in der Hand liegt, die einfach verständliche Benutzeroberfläche einer Software oder aber kurze Wege in einem Flughafen. Wichtig ist, dass es ein Problem gibt, einen Pain Point, den zu beheben im Mittelpunkt eines Produktes oder einer Lösung steht.

Ist ein Problem identifiziert, erkundigt man sich im echten Leben, was Abhilfe schaffen könnte. Diese Erkenntnisse fließen dann in den Lösungsvorschlag ein. Wichtig ist, dass es sich zunächst um einen Vorschlag handelt – erst, wenn im Gespräch mit Nutzern verifiziert wurde, dass er auch auf Akzeptanz stößt, wird dieser umgesetzt. Feedback kann so schnell verarbeitet werden, erfolglose Vorschläge gleich verworfen und durch neue Ideen ersetzt werden. Das Motto im Design Thinking lautet keine Angst vor dem Scheitern zu haben, aber es schnell hinter sich zu bringen.

Erfolgsfaktor Kommunikation

Manchmal ist aber das Produkt gar nicht schlecht, nur die Welt noch nicht bereit, sozusagen. Apples Personal Digital Assistant Newton von 1993 überzeugte Kunden nicht wirklich, legte aber den Grundstein für Mobile Computing, das heute kaum noch wegzudenken ist. Neben praktischen Faktoren – wie einem zu hohen Preis – blieb in der Öffentlichkeit vor allem die schlecht funktionierende Schrifterkennung hängen, obwohl der Bug relativ schnell behoben wurde. Ein klassisches Problem in der Kommunikation nach außen, das sich womöglich mit einer vorausschauenden Marketing- und PR-Strategie hätte vermeiden lassen können.

Wie muss eine solche Strategie aussehen? Das hängt von den Zielen des Unternehmens ab, aber auch vom User – also der Zielgruppe. Dass gute Kommunikation sich auf das Verhalten und die Bedürfnisse einer Zielgruppe einstellt, weiß jeder PR-Volontär. Das umzusetzen, ist aber oft nicht so leicht. Denn dazu muss man schon einiges über die Menschen wissen, die man erreichen will. Einfach zu sagen, unsere Zielgruppe sind IT-Entscheider, greift zu kurz. Einkaufsentscheidungen für komplexe Software-Lösungen werden von anderen Personen getroffen als solche für Desktop-Hardware oder Beratungsleistungen. Manchmal geschieht dies abteilungsintern, in anderen Fällen unternehmensweit. Und all diese Teilzielgruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse, die es zu befriedigen gilt. Viel Raum für Missverständnisse oder auch für Kommunikation im luftleeren Raum. Schließlich geht es, gerade für Technologieunternehmen, auch darum, am Puls der Zeit zu sein, Themen zu besetzen, bevor sie breitgetreten werden. Trendsetter statt Me-too-Bude. Auch dafür ist es hilfreich, intensiv in den Markt zu horchen.

Zielgruppengerechte Kommunikationsstrategie

So gesehen unterscheidet sich die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie nicht so sehr von der eines Produktes. Welche Schritte gehören dazu?

Am Anfang steht das Verständnis der eigenen Zielgruppe – keine Spekulationen, sondern gesicherte Erkenntnisse. Design-Thinking-Experten sprechen von Empathie, also Mitfühlen. Dazu gelangt man am besten über das persönliche Gespräch. Sie möchten unter Vertriebsmitarbeitern bekannter werden? Befragen Sie diese! Finden Sie heraus, was sie umtreibt: Welche Themen beschäftigen die Zielgruppe und was weiß sie schon? Wie ist ihr Informationsverhalten und für welche Art von Ansprache ist sie offen? So stellt man sicher, dass man nicht aneinander vorbeiredet und für sein Publikum relevant ist.

Nutzen Sie die gewonnenen Erkenntnisse, um Vorschläge zu entwickeln, die zu den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe passen. In der Kommunikation sind das Botschaften, die über generische Wertversprechen hinausgehen. Innovativ und branchenführend ist jeder. Aber nicht jeder kann verständlich erklären, warum man dies für sich in Anspruch nimmt. Also müssen die gewählten Botschaften vermitteln, dass das eigene Unternehmen die Probleme der Zielgruppe verstanden hat und welche Lösung man dafür bietet.

Interaktive Entwicklung & schmerzhafte Erkenntnisse

Man sollte die Vorzüge der iterativen Entwicklung nutzen. Anstatt an Maßnahmen, die nicht greifen, festzuhalten, ist es sinnvoller, schnell in Alternativen zu investieren und viele Ansätze auszuprobieren. Das Schöne an der Kommunikation ist ja, dass sie ein fortlaufender Prozess ist und dass man eine gut platzierte Botschaft ruhig neu verpackt wiederholen kann.

Im Entwicklungsprozess kann es zu überraschenden, teilweise schmerzhaften Erkenntnissen kommen. Vielleicht weicht die Fremdwahrnehmung stark vom Selbstverständnis eines Unternehmens ab, vielleicht wurde bislang an der eigentlichen Zielgruppe vorbei kommuniziert, oder aber einst erfolgreiche Kampagnen wurden zu Tode geritten. Damit umzugehen und sich auf Neues einzulassen, erfordert Mut. Dabei kann eine gute PR-Agentur, die den Prozess moderiert und Betriebsblindheit aufdeckt, Hilfestellung bieten.

Schon dieser kurze Abriss lässt erkennen, dass die Methode zum einen viel Austausch mit dem Publikum erfordert, zum anderen aber auch auf Strukturveränderungen abzielt. Daher wird Design Thinking besonders gern in der internen Kommunikation angewandt. Aber auch externe Stakeholder können mit Hilfe von gezieltem Feedback und Mechanismen für den Dialog besser erreicht werden. Voraussetzung: Man sollte bereit sein für einen offenen Austausch mit der Zielgruppe und willens, Veränderungen zuzulassen. Auch in der Kommunikation gilt: Wer innovativ sein will, muss in Bewegung bleiben und Risiken eingehen.

Titelbild: Milad Fakurian on Unsplash

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